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Kapitel 3

Dessous

 

Ich kann mich nicht beklagen, dass das Leben mir nichts zu bieten hätte. Schon am frühen Morgen freue ich mich über ein nettes Wort meines Mannes.
„Ist der Kaffee schon fertig?“

Und manchmal ruft er mich sogar extra von der Arbeit aus an.  
„Hol mir nachher mal den Anzug aus der Reinigung“
Mein Mann denkt eben immer an mich! Und an meine Bewegung, also meine Gesundheit.

„Wer rastet, der rostet“, sagt er immer

oder

„Hol mir mal ein Bier“

Mein Gott, ohne ihn würde ich längst aufgrund von Bewegungsmangel im Rollstuhl sitzen. Danke, mein Herr, danke, für diesen aufmerksamen Ehemann!
Dann kommt mein Tag. Rudolf geht mit mir aus. Zum Griechen nebenan. Diese Frittenbude ist wirklich sehr einladend mit ihren mindestens fünf Jahre alten Tapeten, dem Fett-Geruch und den schmuddeligen Tischdecken. Mein Herzblatt sieht sich kurz um.
„Wie zu Hause, nicht wahr mein Schatz?“
Ich verdrehe die Augen. Zuvor brauchte ich auf Wunsch meines Mannes auch keinerlei Aufwand an mir selbst betreiben.
„Lass doch, du musst dich doch nicht umziehen. Du fällst doch beim Sirtakis gar nicht auf. Ich freue mich auch so aufs Essen. Endlich mal wieder was Gutes“

Na, dankeschön auch.

Das Essen ist so lala gelaufen und ich möchte nun doch wenigstens noch etwas Prickeln in unseren Abend bringen und mich ein wenig erotisch verpacken. Ich verbringe mehr Zeit als üblich im Bad, lege das beste Parfum auf und streife mir den neuen Body über, welchen ich mir extra für „besondere Anlässe“ zugelegt habe. Dann gehe ich mit klopfendem Herzen zu meinem besten Stück, welcher schon im Schlafanzug im Bett liegt und sehe ihn erwartungsvoll an. Er mich auch.
„Wie, willst du jetzt noch schwimmen gehen?“
Nein, aber abkühlen muss ich mich jetzt auf jeden Fall! Ich verlasse den Raum, atme tief durch und denke mir, er meint es ja nicht so. Dann ziehe ich mich um und gehe zu ihm zurück, doch ein wenig hängen meine Mundwinkel noch nach unten. Ich lege mich zu Rudolf.
„Na, hast du es dir anders überlegt?“
Ich nicke. Er kuschelt sich an mich.

„Hör mal, Mäuschen. Ich wollte es dir eben nicht so sagen. Aber ich finde, der schwarze Badeanzug steht dir besser. Er macht dich schlanker“
Jetzt hat er es endgültig geschafft. Mir laufen Tränen übers Gesicht. Verwirrt starrt er mich an.
„Was ist denn jetzt los? Ich wollte dich doch nicht kränken. Ich weiß doch, dass du auf unseren Geldbeutel achtest. Das schätze ich auch sehr an dir, Kleines. Aber auf alles musst du doch auch nicht verzichten. Kauf dir morgen ruhig einen neuen, einen wirklich schönen Badeanzug“
Ich flehe den Himmel an, dass er davon ablässt mich aufzuheitern.

Am nächsten Tag ist Hausputz angesagt. Außerdem muss ich mit meinem Sohn zum Arzt, kochen, die Fenster putzen, und, und, und. Todmüde strecke ich am Abend die Beine von mir mit dem Gedanken daran, meinen beiden Liebsten gleich das Essen zuzubereiten. Mein Mann tritt ein und sagt:

„Ach Schatz, ich bin so froh dir solch ein Leben bieten zu können. Stundenlang haben wir heute wieder am runden Tisch gesessen und nur palavert. Ich bin total geschafft. Bist du eingeschlafen?“, fragt er mit einem Blick in die Küche.

„Oder hattest du Migräne?“

„Wieso?“

„Hast ja gar nichts gekocht“

„Ich habe schon alles vorbereitet, Rudolf“

Mühsam rudere ich mich hoch von der Couch.

„Du hast ein Leben, mein Frauchen. Das möchte ich auch mal können. Einfach vorbereiten und dann hinlegen. Aber ich muss ja schwer unsere Brötchen verdienen“

Er kommt zu mir, gibt mir ein Küsschen, kneift mir kurz in den Po, zwinkert mir zu und gibt noch einen drauf:

„Damit mein Engelchen sich auch einen schönen Badeanzug kaufen kann“

Belämmert wie ein Schaf lässt er mich zurück.